Was ist Geothermie?
Was bedeutet "Geothermie"?
„gé" (griech.) = Erde, Land
„thermós" (griech.) = warm, heiß
Geothermie heißt also „Erdwärme".
Im weit gefassten Sinn ist damit die in unserem Planeten gespeicherte bzw. von ihm erzeugte Wärmeenergie gemeint. Im engeren Sinn bezeichnet Geothermie die im zugänglichen Teil der Erdkruste gespeicherte Wärmeenergie und ihre anwendungstechnische Gewinnung bzw. Nutzbarmachung (z.B. für Heizzwecke oder zur Stromerzeugung). Die Wärme speist sich aus dem kontinuierlich fließenden Wärmestrom vom heißen Erdinnern hin zur kalten Erdoberfläche.
Wie gewinnt man geothermische Energie?
Je nach Tiefe der Erschließung und angewandter Technik unterscheidet man zwischen Oberflächennaher und Tiefer Geothermie:
Oberflächennahe Geothermie
bezieht sich auf Nutzung der Erdwärme aus bis zu ca. 400 m Tiefe mittels Erdwärmesonden, Erdwärmekollektoren oder durch flache Grundwasserbrunnen. Während die obersten 10-15 m unterhalb der Erdoberfläche noch durch jahreszeitliche Temperaturschwankungen durch den solaren Eintrag - im Wesentlichen über das einsickernde Regenwasser - geprägt sind, zeigen sich die Temperaturen im Erdreich ab einer Tiefe von ca. 15 m über das Jahr hinweg nahezu konstant. Die Temperatur nimmt zur Tiefe hin kontinuierlich mit durchschnittlich ca. 3 °C je 100 m zu. Bereits die relativ geringen Temperaturen des Bodens, des Gesteins oder des Grundwassers nahe der Erdoberfläche können mittels Wärmepumpe für eine Wärmeversorgung nutzbar gemacht werden.
Die überwiegende Zahl der thermisch genutzten Grundwasserbrunnen besitzt eine Tiefe von einigen Metern bis max. wenigen zehner Metern. Gleichzeitig ist bei einer effizienten thermischen Grundwassernutzung der Abstand zwischen Erdoberfläche und Grundwasseroberfläche möglichst gering (wenige Meter) und hydrochemisch für eine langfristige thermische Nutzung geeignet.
Die meisten errichteten Erdwärmesonden erreichen Tiefen von einigen zehner Metern bis etwa 100 m. Darüber hinaus existieren auch Erdwärmesonden mit mehreren hundert Metern und sogar bis zu einigen tausend Metern. In diesem Fall spricht man dann von Tiefen Erdwärmesonden (TEWS). Der Übergang zwischen Oberflächennaher Geothermie und Tiefer Geothermie ist also fließend und wird technologisch quasi durch die Tiefe Erdwärmesonde repräsentiert.
Deutschlandweit existieren mittlerweile weit über dreihunderttausend Anlagen zur Nutzung der Oberflächennnahen Geothermie, sowohl bei Einfamilienhäusern, als auch für größere Gewerbe- oder Bürokomplexe z.B. mit Brunnengalerien oder Erdwärmesondenfeldern. Neben der Nutzung für Heizzwecke, können diese oberflächennahen Geothermiequellen im Sommer auch als Quelle für Kühlzwecke herangezogen werden und somit den Untergrund quasi als saisonalen Wärme- bzw. Kältespeicher nutzen.
Daneben existieren auch weitere Nutzungsformen, bei denen die im Erdreich bzw. Gestein nahe der Erdoberfläche gespeicherte Wärme im Winter direkt zur Eisfreihaltung sensibler Bauwerke wie Brücken bzw. Gleisanlagen usw. verwendet wird. Pilotprojekte befassen sich beispielsweise auch mit der thermischen Nutzung von Wärme aus Tunnelbauwerken, U-Bahnstationen oder auch mit der thermischen Nutzung von warmen Grubenwässern ehemaliger Bergwerksschächte.
Tiefe Geothermie
Sie umfasst die thermische Nutzung des Untergrunds ab ca. 400 m bis zu mehreren Kilometern Tiefe mit Hilfe von Tiefbohrungen.
Die Nutzung von heißem Grundwasser oder Dampf wird als hydrothermale Geothermie bezeichnet. Gebiete, die in Deutschland für die Nutzung hydrothermaler Geothermie gut geeignet sind, befinden sich im Süddeutschen Molassebecken, im Oberrheingraben und im Norddeutschen Becken.
Klassische geothermische Dampfreservoire (Hochenthalpiefelder) gibt es in Deutschland keine. In Europa werden solche Hochenthalpiefelder in Island, der Türkei und in Italien angetroffen und bereits seit Jahrzehnten für die geothermische Verstromung genutzt (in Italien bereits seit über 100 Jahren).
Grundsätzlich arbeitet man bei den tiefen Geothermiebohrungen mit vergleichbarer Technik, die bei der Suche und Gewinnung von Erdöl oder Erdgas zum Einsatz kommt. Unterschiede bestehen in den häufig größeren Bohrdurchmessern und den höheren Anforderungen an die Rohre (Casing) aufgrund der hohen Fördertemperaturen.
Das angetroffene Thermalwasser steht im tieferen Untergrund in der Regel unter hohem Druck (gespanntes Grundwasser), das bedeutet, dass das Wasser nach Anbohren der thermalwasserführenden Gesteinsschicht im Bohrloch von selbst nach oben hin aufsteigt. Der Druckwasserspiegel stellt sich beispielsweise im Molassebecken in der Regel einige zehner bis über hundert Meter unter der Erdoberfläche ein. Um das Wasser bis an die Oberfläche zu befördern, muss dann noch zusätzlich eine Pumpe zum Einsatz kommen. In einigen Regionen ist der Wasserdruck jedoch ausreichend hoch genug, dass das Wasser von selbst (ohne Pumpen) bis zur Erdoberfläche (oder höher) aufsteigen kann. In diesem Fall spricht man von artesisch gespanntem Grundwasser.
Um einen ausgeglichenen Grundwasserhaushalt zu gewährleisten, wird das thermisch genutzte Wasser durch eine Reinjektionsbohrung wieder in die thermalwasserführende Gesteinsschicht zurückgeführt. Diese Bohrung liegt möglichst so weit von der Förderbohrung entfernt, dass das abgekühlte Wasser die Temperatur in der Förderbohrung nicht unmittelbar beeinflusst. Ein System mit Förder- und Reinjektionsbohrung wird auch als „Dublette" bezeichnet.
Eine weitere Form der Tiefengeothermie sind sogenannte Enhanced Geothermal Systems (EGS). Dabei wird das dichte bzw. gering-durchlässige heiße Gestein in einigen km Tiefe über hydraulische Stimulationsverfahren (hydraulic fracturing) durchlässig gemacht. Diese Technologie befindet sich noch im Pilotstadium. Das europäische Pilotprojekt mit dem Kraftwerk am Standort Soultz-sous-Forêts ist seit 2008 im Betrieb.
Eine abgewandelte Form der hydrothermalen Nutzung ist die saisonale Hochtemperatur-Aquifer-Speicherung (HTAS). Dabei wird während der Sommermonate überschüssige Kraftwerksabwärme in einem tiefen Grundwasserleiter zwischengespeichert und während der Wintermonate dann wieder für Heizzwecke genutzt.
Den Tiefbohrungen gehen sorgfältige Analysen des Untergrundes voraus (je nach geologischem Umfeld z.B. durch seismische, gravimetrische oder magnetotellurische Erkundungen).
Vorteile der Geothermie?
Im Folgenden sind einige Vorteile aufgelistet, die bei Nutzung von tiefer Geothermie beispielsweise zu Buche schlagen:
Der große Vorteil der geothermischen Nutzung ist die umweltfreundliche, saison- und witterungsunabhängige Bereitstellung von Energie. Der Flächenbedarf eines geothermischen Kraftwerks bzw. einer Heizzentrale ist vergleichsweise gering. Ist die Anlage und das Fernwärmenetz erst einmal errichtet, fallen keine weiteren zusätzlichen Transportbewegungen an.
Aus Sicht des Endverbrauchers ergeben sich folgende positiven Aspekte:
- keine zusätzlichen Lagerflächen (z.B. für Öltanks) mehr notwendig
- preisstabile Wärmeversorgung
- keine potenzielle Brand- oder Explosionsgefahr (im Gegensatz zu Öl- oder Gasheizung)
- keine Geruchsbelästigung durch Heizöltanks
- keine Gewässerschadenshaftpflichtversicherung (im Gegensatz zur Ölheizung)
- keine Kosten für den Kaminkehrer
Aus Sicht einer Kommune sind folgende Vorteile zu nennen:
- regionale Wertschöpfung
- größere Unabhängigkeit von konventionellen Energieträgern (auch in politischer Hinsicht)
- Schaffung einer bezahlbaren und preisstabilen Wärmeversorgung für die eigene Bevölkerung
- umweltschonend durch Nutzung einer regenerativen Energiequelle vor Ort
- gute Fördermöglichkeiten
- kommunale Kontrolle der Energieversorgung
- langfristige Investition in die Infrastruktur auch für zukünftige Generationen
- Steigerung der Standortattraktivität (z.B. für Bauträger oder Industrie mit Prozesswärmebedarf)
- Übernahme einer Vorreiterrolle bei der deutschen Energiewende durch innovative Energiegewinnung, Erfüllung lokaler Umweltschutz-Ziele